Fundstücke im Friedenssaal – Teil 2: Von den 22 Schränkchen

Ein Besuch im Friedenssaal des Historischen Rathauses lohnt sich immer! Hier gibt es viel zu entdecken und erfahren. In der Reihe „Fundstücke im Friedenssaal“ nehmen wir Euch mit auf Entdeckungstour durch Münsters wohl berühmtesten Innenraum.

Den ersten Teil der Reihe, in der wir uns mit dem beeindruckenden Kronleuchter und den Kissen in der Vitrine beschäftigt haben, findet Ihr hier.

Heute wollen wir uns die Schrankwand an der Nordseite des Friedenssaals, direkt hinter dem Richtertisch, etwa genauer ansehen. Los geht’s!

Besucher*innen des Friedenssaals fragen oft, was es mit den 22 Schränkchen auf sich hat, die in die Nordwand eingelassen sind und was darin aufbewahrt wird. Die Schränke sind Zeugnis für die ehemalige Nutzung des Friedenssaals als Sitzungsort des Stadtrates. Tatsächlich war der Friedenssaal nicht immer ein Friedenssaal, sondern ursprünglich die Ratskammer und wurde, bis zur feierlichen Beschwörung des Spanisch-Niederländischen Friedens am 15. Mai 1648, auch so genannt. Bei den Schränkchen handelt es sich um die Archivschränke des Stadtrates, hier wurde also das Ratsarchiv gelagert.

Errichtet wurde die nördliche Stirnwand vermutlich zwischen 1536 und 1545. In dieser Zeit musste die damalige Ratskammer umfassend renoviert werden. Was war geschehen? 1534/ 1535 herrschte in Münster das sogenannte Täuferreich, eine radikalreformatorische Herrschaft, die bis heute ihre Spuren in Münster hinterlassen hat.

Die Täufer widmeten die ehemalige Ratskammer um, die sie als Sinnbild einer gesellschaftlichen und rechtlichen Ordnung ansahen, die es zu überwinden galt. Sie nutzen die Ratskammer als Tanzsaal und müssen wohl wenig pfleglich mit der Einrichtung umgegangen sein, daher die anschließende jahrelange Renovierung.

Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten konnte die Ratskammer wieder als Sitzungsort für den Rat genutzt werden und die 22 Archivschränke standen für das Ratsarchiv bereit. Allerdings gab es nicht mehr viel, was man hier hätte einsortieren können. Denn die Täufer hatten im Frühjahr 1534, als sie die Herrschaft über die Stadt Münster übernommen hatte, das gesamte Ratsarchiv auf dem Prinzipalmarkt und auf dem Domplatz zusammengetragen und verbrannt.

Besonders spannend an den Archivschränken sind die verschiedenen Holzreliefs, die die 22 Türen schmücken. Diese Schranktüren sind vermutlich noch älter, als der Rest der nördlichen Stirnwand. Man geht davon aus, das die Türen aus anderen Geschränken entfernt und in der Ratskammer neu angebracht wurden.

Die Motive, die Ihr auf den Schranktüren sehen könnt, folgen daher keiner einheitlichen Linie. Es finden sich Heiligenfiguren und Szenen aus der Bibel ebenso wie bildliche Darstellungen von lasterhaftem Verhalten, von dem die Reliefs wahrscheinlich abhalten sollten. Neben Maria Magdalena, Lambertus, Jona und dem Walfisch und dem barmherzigen Samariter könnt Ihr hier also auch einen Mann mit einem „Bullenkopp“ und zwei Affen, die mit Äxten aufeinander einschlagen, entdecken. Kommt doch mal vorbei und schaut, welche Bilder Ihr noch enträtseln könnt!

Übrigens: Auch nachdem die Ratskammer im 17. Jahrhundert zum Friedenssaal wurde, wurden in den Schränkchen weithin Akten gelagert. Heute sind sie allerdings leer.

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