Fundstücke im Friedenssaal – Teil 1: Bequem und erhellend
Nach mehreren Monaten öffnet der Friedenssaal im Historischen Rathaus in der nächsten Woche wieder seine Türen für Euch! Der perfekte Anlass, um sich hier mal etwas genauer umzuschauen…
Der Friedenssaal im Rathaus der Stadt Münster war nicht immer ein Friedenssaal. Ursprünglich handelte es sich bei diesem Ort um die Ratskammer der Stadt. Das heißt, dass sich hier seit dem 12. Jahrhundert – so wie es heute im Festsaal des Rathauses der Fall ist – der Rat der Stadt Münster versammelte. Der Friedenssaal diente damals jedoch nicht nur als Ratskammer, hier wurden auch Gerichtsverhandlungen abgehalten. Denn das Schöffengericht lag seit dem 13. Jahrhundert ebenfalls beim Rat, so dass die Ratskammer auch als Gerichtssaal diente.
Zwischen 1643 und 1648 fanden dann in Münster und Osnabrück die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden statt und in der Ratskammer wurde am 27. Mai 1643 das kaiserliche Dokument verlesen, das die Stadt Münster für die Dauer der Friedensverhandlungen für neutral erklärte. Auch wenn die Verhandlungen der über 150 Friedensgesandten nicht in der Ratskammer stattfanden, so wurde hier doch am 15. Mai 1648 der Spanisch-Niederländische Frieden feierlich beschworen und seit dem 18. Jahrhundert wird daher der Begriff „Friedenssaal“ für diesen Raum verwendet.
All die verschiedenen Nutzungsweisen des Raumes sind hier heute noch sicht- und erlebbar – wenn man weiß, worauf man achten muss.
Sehen wir uns doch einmal etwas genauer um. Wer den Friedenssaal betritt, der wird schnell feststellen, dass es hier viel zu entdecken gibt. Ein Besuch reicht daher oft gar nicht aus 😉 und auch ein Blogartikel ist nicht genug, um auf all die spannenden Dinge hinzuweisen, die den Friedenssaal so besonders machen. Freut Euch daher jetzt schon einmal auf den zweiten Teil der „Fundstücke im Friedenssaal“. Heute wollen wir uns vor allem zwei Gegenstände etwas genauer ansehen: ein Kissen und den beeindruckenden Kronleuchter.
Beginnen wir mit dem Kissen, denn das Kissen steht für die ursprüngliche Funktion des Raumes: Die Ratskammer. Die Kissen, die Ihr in der Vitrine an der Südseite des Friedenssaals bewundern könnt, stehen stellvertretend für 26 Kissen, die für den Rat der Stadt Münster angefertigt wurden. Der Rat bestand aus 24 Ratsherren (die zwei übrigen Kissen waren für den Stadtsekretär und den Stadtsyndikus, den Justitiar der Stadt, vorgesehen). Damit die Herren während der Sitzungen nicht direkt auf den harten Holzbänken sitzen mussten, was bei längeren Besprechungen schon einmal unbequem werden konnte, wurden im 16. Jahrhundert diese Sitzkissen hergestellt. Die Unterseite der Kissen besteht aus strapazierfähigem Leder. Die Oberseite ist Gobelinstoff und zeigt das münsterische Wappen in zwei verschiedenen Ausführungen.
Bei dem Kronleuchter, der zu besonderen Anlässen auch heute noch genutzt wird, handelt es sich um eine flämische Kunstschmiedearbeit. Wann genau der Kronleuchter geschmiedet wurde, kann heute nicht mehr mit Sicherheit gesagt werden. Fest steht, dass der Leuchter ein Zeugnis für die ehemalige Verwendung der Ratskammer als Gerichtssaal ist. Das erkennt man auch heute noch an der kreisförmigen Umschrift an der Aufhängung des Leuchters, denn hier steht: + DILIGITE: IVSTITIAM: QVI: IVDICATIS: TERRAM: SAP: I. Übersetzt heißt das „Liebet die Gerechtigkeit, ihr, die ihr über die Erde richtet.“ Es handelt sich hierbei um einen Auszug aus dem Buch der Weisheit, der sich an die Männer richtete, die in diesem Raum über Andere zu Gericht saßen. Die geschnitzte Rose, die man an der Aufhängung sehen kann, ist ein Symbol für die Verschwiegenheit. Ursprünglich zierte den Leuchter eine Darstellung der Lucretia. Lucretia nahm sich, nachdem sie durch den römischen König Sextus Tarquinius vergewaltigt worden war, das Leben und löste so der Erzählung nach das Ende der Monarchie und die Gründung der römischen Republik aus. Im 17. Jahrhundert wurde die Figur der Lucretia durch die Marienfigur ersetzt, die Ihr auch heute noch an dem Kronleuchter sehen könnt. Im Osnabrücker Friedenssaal gibt es übrigens einen ganz ähnlichen Kronleuchter, so dass anzunehmen ist, dass beide Leuchter aus der Hand desselben Meisters stammen.
Wenn Ihr nun selbst einmal im Friedenssaal auf Entdeckungstour gehen wollt, dann könnt Ihr ab dem 1. Juni ab 10 Uhr wieder vorbeikommen. Bis zu 8 Personen können sich gleichzeitig im Friedenssaal aufhalten. Einen Termin könnt Ihr telefonisch (+ 49 (0)2 51 / 4 92-27 24) oder per E-Mail friedenssaal@stadt-muenster.de vereinbaren.
Viel Spaß!
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