Liebe Leser*innen des Friedensblogs
Hier nun also der zweite Teil meines Blogbeitrags über mein erstes Jahr im Friedensbüro der Stadt Münster.
Den ersten Teil findet Ihr hier: Ein Jahr im Friedensbüro
Der Dreißigjährigen Krieg. Ich muss zugeben, bislang kannte ich ihn vor allem aus dem Deutschunterricht in der Schule: Schillers Wallenstein, Brechts Mutter Courage und die Werke von Andreas Gryphius. Später Im Geschichtsstudium war er weniger ein Thema, hier lag mein Schwerpunkt in der Neueren und Neuesten Geschichte. Als ich meine neue Stelle beim Friedensbüro antrat, war mir also klar, mein Wissen über den Dreißigjährigen Krieg und den Westfälischen Frieden ist definitiv ausbaufähig! Ich war sehr gespannt darauf, mehr über den Westfälischen Frieden zu lernen und auch darüber, was dieser Frieden genau für Münster bedeutet.
Um mehr über den Westfälischen Frieden zu erfahren, machte ich mich – quasi als erste „Amtshandlung“ – gleich in meiner ersten Arbeitswoche auf in den Friedenssaal im Historischen Rathaus. Was viele gar nicht wissen, der Westfälische Frieden selbst ist gar nicht hier in diesem Raum geschlossen worden. Warum nicht und wie das damals mit der Vertragsunterzeichnung genau abgelaufen ist, das ist nur eine von vielen spannenden Geschichten, die man über den Friedenssaal erzählen kann. Seid versichert, dass ich hierüber garantiert auch noch den ein oder anderen Post veröffentlichen werde.
Aber jetzt erst mal zurück zu meinem ersten „offiziellen“ Besuch im Februar. Wenn man das Historische Rathaus durch den Vordereingang betritt, landet man zunächst in der Bürgerhalle. Hier befindet sich die Münster Information von Münster Marketing. Die lieben Kolleg*innen sind hier Ansprechperson für alle Besucher*innen der Stadt und auch für die Münsteraner*innen. Und natürlich wissen sie auch jede Menge über den Friedenssaal und den Westfälischen Frieden! Eine weitere Münster Information findet Ihr übrigens am Syndikatplatz. Sie zieht bald zurück in die Heinrich-Brüning-Straße.
In der Bürgerhalle kann man sich aber auch auf ganz anderem Wege über den Westfälischen Frieden informieren: An großen Touchscreens und mehreren Tablets kann man digital Informationen über den Dreißigjährigen Krieg und die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden abrufen und erfährt hier viel über den Kongress, aber auch über das Alltagsleben der Menschen von damals, wie sehr sie unter dem Krieg gelitten haben und über ihre Friedenssehnsucht.
Tief in Gedanken versunken verlasse ich das Rathaus. Natürlich, da wo Frieden geschlossen werden konnte, muss vorher Krieg geführt worden sein. Und auch wenn Münster vom Dreißigjährigen Krieg fast verschont geblieben war, so war Münsters Stadtgeschichte keineswegs immer durch und durch friedlich. Draußen auf dem Prinzipalmarkt, fällt mein Blick auf St. Lamberti. Die drei Körbe am Lamberti-Kirchturm erinnern uns noch heute an die Geschichte des Täuferreichs und die Folter und Hinrichtung der Anführer der Täufer. Die Inschrift „Monasterium reduxit‟ (Er hat Münster – zum Gehorsam – zurückgeführt), die sich am Grab von Christoph Bernhard von Galen im St.-Paulus-Dom findet, ist ein Zeugnis für die gewaltsame Auseinandersetzung zwischen dem Fürstbischof und der Stadt Münster. Im Geschichtsort Villa ten Hompel setzt man sich mit der Vergangenheit des Hauses als Sitz des „Befehlshabers der Ordnungspolizei“ im Wehrkreis VI während der NS-Zeit auseinander. Und über die Kriegerdenkmäler an der Promenade wird bis heute diskutiert.
Münster bezeichnet sich selbst – anders als andere Städte, wie Osnabrück oder Augsburg – nicht als „Friedensstadt“. Aber wir sind „Stadt des Westfälischen Friedens“, dem ersten Verhandlungsfrieden in der Geschichte Europas. Während der Dreißigjährige Krieg weitertobte, kamen in Münster und Osnabrück Vertreter der europäischen Mächte für die Friedensverhandlungen zusammen. Nach fünfjährigen Verhandlungen schafften sie es, erstmals in der europäischen Geschichte einen Krieg durch Verhandlungen und nicht durch Waffengewalt zu beenden. Auf der Grundlage dieser Ereignisse wurde in Münster als Austragungsort für diese Verhandlungen ein ganz eigenes Friedensprofil entwickelt: Frieden durch Dialog.
Was genau sich hinter diesem Friedensprofil verbirgt, lerne ich in den kommenden Wochen. Besonders hilfreich ist dabei der Besuch einer Sitzung des Arbeitskreises „1648 – Dialoge zum Frieden“ der Allianz für Wissenschaft. Seit 2004 kuratiert der Arbeitskreis jedes Jahr die „Dialoge zum Frieden“. Mit Rückbezug auf die Westfälischen Friedensverhandlungen werden in dieser Programmwoche verschiedene Aktivitäten und Veranstaltungsprogramme für die Themenbereiche Friedensstiftung, Friedenssicherung und Konfliktprävention umgesetzt. Darunter unter anderem auch eine Schülerakademie und das Treffen der Religionsgemeinschaften, das gemeinsam mit der Stadt Osnabrück veranstaltet wird. Weitere Informationen zum AK 1648 findet ihr hier.
In den Akten im Friedensbüro stoße ich auf weitere Dokumente, die mir die Entstehungsgeschichte von „Frieden durch Dialog“ näherbringen. 2012 setzte der Rat der Stadt Münster einen Fachbeirat Frieden ein. In den folgenden Jahren erarbeitete dieser Fachbeirat Empfehlungen, wie Münster unter dem Leitmotiv „Frieden durch Dialog“ das Friedensprofil der Stadt schärfen könnte. Eines der Ergebnisse dieser Empfehlungen war letztlich auch die Einrichtung des Friedensbüros der Stadt Münster im Jahr 2016. Auch der Friedenskulturmonat, der seit 2004 von den Friedensakteur*innen in Münster umgesetzt wird fand einige Jahre unter dem Motto „Frieden durch Dialog“ statt.
„Frieden durch Dialog“ steht also für Geschichte und Zukunft, Reden und Zuhören, Münster und Europa. Auch heute engagieren sich in Münster viele Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, der Wissenschaft, aus Kultur und den Religionsgemeinschaften für einen „Frieden durch Dialog“ und halten so die Tradition, Konfliktlösung und Friedenssicherung durch Verhandlung und Vermittlung zu erreichen, in Münster aufrecht.
Ich freue mich, dass ich diese Menschen und ihre Projekte auf diesem Blog begleiten und Euch dabei mitnehmen kann!
Viele Grüße
Anne
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